Am Donnerstag hat der Bundestag im zweiten Anlauf drei neue Richterinnen und einen neuen Richter für das Bundesverfassungsgericht gewählt. Die Kandidatinnen und der Kandidat erhielten in einer geheimen Abstimmung die notwendige Zweidrittelmehrheit. Damit konnte eine monatelange Hängepartie beendet werden, die die schwarz-rote Koalition stark belastet hatte.
Die Wahl im Plenum des Bundestages war der zweite und entscheidende Schritt im Wahlverfahren. Zuvor hatte bereits der zwölfköpfige Richterwahlausschuss des Bundestags grünes Licht gegeben. Für die Wahl im Plenum benötigte jeder Kandidat eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Von den 613 abgegebenen Stimmen waren das 409. Sigrid Emmenegger erhielt 446 Ja-Stimmen, Ann-Katrin Kaufhold 440 und Günter Spinner 424 Stimmen. Da die Regierungsfraktionen von Union und SPD zusammen mit den Grünen nicht auf die notwendige Stimmenzahl kamen, waren sie auf Stimmen aus den Reihen der Linken oder der AfD angewiesen. Da die Wahl geheim war, bleibt unklar, welche Abgeordneten welchem Kandidaten ihre Zustimmung gaben.
Hintergrund der Neuwahl
Die Notwendigkeit der Wahl ergab sich durch das Ende der Amtszeit der Richter Josef Christ und Doris König sowie der Erkrankung von Ulrich Maidowski, der vorzeitig ausscheiden möchte. Ein erster Wahlversuch war im Juli gescheitert. Damals war der Widerstand innerhalb der Unionsfraktion gegen die ursprüngliche SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf so groß geworden, dass die Wahl kurzfristig von der Tagesordnung genommen werden musste. Als Gründe wurden unter anderem ihre Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen und zum muslimischen Kopftuch angeführt. Brosius-Gersdorf zog später ihre Kandidatur zurück. Dieses Scheitern hatte zu erheblichen Verstimmungen in der Koalition geführt.
Die drei neuen Richter im Porträt
Die drei Gewählten bringen unterschiedliche juristische Hintergründe mit an das höchste deutsche Gericht. Günter Spinner wurde von der Union nominiert und war zuletzt Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Der 53-Jährige war zuvor bereits vom Bundesverfassungsgericht selbst als Kandidat vorgeschlagen worden. Er wird Mitglied des Ersten Senats. Die beiden SPD-Kandidatinnen sind Ann-Katrin Kaufhold und Sigrid Emmenegger. Kaufhold ist Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Emmenegger war zuletzt Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Beide werden dem Zweiten Senat angehören. Auffällig ist, dass beide Juristinnen in Freiburg studiert haben und bei Andreas Voßkuhle, dem späteren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, promoviert wurden.
Ausblick auf weitere Personalentscheidung
Mit der Wahl ist das Verfahren noch nicht ganz abgeschlossen. Die offizielle Ernennung der drei Richter durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist für Anfang Oktober geplant. Bereits am Freitag steht zudem eine weitere wichtige Wahl an: Der Bundesrat wird die neue Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts bestimmen. Für dieses Amt ist Ann-Katrin Kaufhold vorgeschlagen. Diese Position ist von besonderer Bedeutung, da die Vizepräsidentin traditionell eine Anwärterin auf das Amt der Präsidentin ist. Die Amtszeit des aktuellen Präsidenten Stephan Harbarth endet im Jahr 2030.